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Wenn der Vater mit dem Sohne, Seite 34


Bild: Karl und Florian Metz: Das BFW ist für sie Familiensache

Familienbande: Karl und Florian Metz bildeten früher ein starkes Ausbildungsteam. Mittlerweile sind beide feste Institutionen am BFW Mainz

Der eine sagt, er habe am BFW ebenso viel gelernt wie gelehrt: „Ich will nie nur unterrichten, sondern muss mich auch selbst immer fortbilden, sonst brenne ich aus.“ Der andere hat sich schon als Kind im BFW besser ausgekannt als zuhause, sogar einige Geburtstage dort gefeiert. In früheren Jahren waren sie auch gemeinsam als Ausbilderteam unterwegs. Mittlerweile unterrichtet jeder eigene Kurse, Karl Metz nur noch am Wochenende, nachdem er vor zwei Jahren seinen „Ruhestand“ angetreten hat. Was sich bei ihm freilich nur in Anführungszeichen setzen lässt: Der 63-jährige ist immer noch in etlichen Positionen und Fachgruppen äußerst aktiv. Florian Metz besetzt im BFW eine „Dreiviertelstelle“, arbeitet darüber hinaus noch als Physiotherapeut in einer Praxis in Ingelheim, „weil ich diese Kombination von Lehre und Praxiserfahrung nicht missen möchte.“ Feste Institutionen am BFW sind Vater und Sohn Metz schon lange.

Karl Metz kam 1974 aus Marburg nach Mainz, um Masseure auszubilden. 36 Jahre alt war der stark sehbehinderte Mann damals. Bis dato hatte er sich in Schule, Berufsausbildung und -praxis vornehmlich in der Welt der Sehenden behaupten müssen, was nicht einfach war. Von daher erkannte er schnell, welche Möglichkeiten das BFW Mainz seinen Besuchern bot. Entsprechend begrüßte und begleitete er die zahlreichen Erweiterungen des Ausbildungsangebotes, die in den Folgejahren etabliert wurden. Er unterrichtete nicht nur fortwährend, sondern erwarb auch alle Zusatzqualifikationen, die sich für seinen Berufszweig eröffneten.
Seine Begeisterung fürs BFW ist bis heute ungebrochen - und stets herauszuhören: „Es ist absolut einzigartig, was sich sehbehinderte, blinde und mittlerweile auch hörbehinderte Menschen mit einem einfachen Hauptschulabschluss hier aufbauen können“, schwärmt Karl Metz. „Ich finde, das wird noch viel zu wenig öffentlich gemacht.“
„So mancher, der bei meinem Vater damals Masseur lernte, wird heute von mir zum Manualtherapeuten ausgebildet“, berichtet Florian Metz. Das Staffelholz ist also weitergereicht, in der eigenen Familie sogar. Hatte der Sohnemann jemals eine Chance, nicht in die Fußstapfen seines Vaters zu treten? „Die hatte ich schon“, erzählt Florian Metz. „Meine Berufsausbildung habe ich beispielsweise bewusst nicht in Mainz, sondern in Grünstadt absolviert, weil ich nicht wollte, dass mein Vater in Gewissensnöte kommt, falls es bei mir nicht läuft. Ich war mir auch selbst lange nicht im Klaren, ob ich ebenfalls Ausbilder werden wollte. Ich wusste nur, dass ich als Physiotherapeut arbeiten wollte, schon von meinem zwölften Lebensjahr an. Das ist meine Bestimmung.“
Kennengelernt hat er den Beruf natürlich über den Vater - und im BFW, in das ihn Karl Metz schon als Kind regelmäßig mitnahm und das sein zweites Zuhause wurde: „Manche vom Stammpersonal kennen mich noch aus der Zeit, als ich hier in Pampers unterwegs war.“ Hier erschloss er sich auch schon früh seinen Zugang zur Welt der Blinden. In den Lehrberuf rutschte er erst so nach und nach - über Assistentenjobs, die ihm von verschiedenen Ausbildern angeboten wurden, auch von seinem Vater: „Dabei stellten wir fest, dass wir ein sehr gutes Team sind - und unsere Kursteilnehmer fanden das auch.“
Den eigenen Vater als Lehrmeister - viele behaupten, dies sei die härteste Schule, die es gibt. Florian Metz sieht das anders: „Mein Vater war für mich als Inspirationsquelle immer unentbehrlich. Er sagt allerdings schon sehr deutlich, wenn er etwas, was ich tue, nicht für richtig hält.“
Und es war auch nicht einfach, von ihm als gleichrangiger Fachmann anerkannt zu werden. Vor einigen Jahren gab es jedoch ein Schlüsselerlebnis. „Mein Vater erlitt einen leichten Schlaganfall“, erinnert sich Florian Metz. „Er war noch auf dem Weg zum MRT, da machte er sich schon Gedanken, wer nun seine Kurse weiterführen sollte. Einen sollte ich übernehmen, ordnete er an. Das war für mich der Ritterschlag“.


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Erstellt: 21.04.2011 10:34   Aktualisiert: 28.04.2011 08:08
Autor: Klaus Wilinski