50 Jahre BFW Mainz - Pioniere des inklusiven Lernens
27.
Okt
2016

Das Wort "Pionier" fällt weit mehr als einmal an diesem Jubiläumstag. Seit 50 Jahren gibt es das Berufsförderungswerk Mainz (BFW). "Vier Jahrzehnte vor der UN-Behindertenrechtskonvention hat Mainz schon die Frage gestellt, warum Menschen, die blind und sehbehindert sind, nicht mit Menschen zusammen ausgebildet werden sollen, die das nicht sind", hob Moderatorin Astrid Jaehn beim Festakt hervor. Die als Elisabeth-Dicke-Schule gegründete Einrichtung habe damals "eine Erfolgsgeschichte begründet".

Breites Angebot an Aus-, Fort- und Weiterbildung

Heute, drei Namensänderungen später, blickt das BFW auf 3000 Absolventen zurück und, wie die rheinland-pfälzische Sozialministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler betonte, "eine Vielzahl markante Qualifizierungen in Gesundheitsberufen", womit auf dem Lerchenberg "die Basis für eine erfolgreiche Teilhabe an der Gesellschaft geschaffen worden ist". 140 Rehabilitanden, insbesondere blinde, sehbehinderte und hörgeschädigte, die in ebenso vielen Appartements auf fünf Wohnhäuser verteilt leben, sowie 70 Menschen ohne Behinderungen nehmen an einem umfangreichen Angebot an Aus-, Fort- und Weiterbildungen im Gesundheits- und Sozialwesen teil. Zudem biete das BFW Mainz ein berufsbegleitendes Studium an.

"Gesundheit wird zum Megamarkt in einer immer älter werdenden Gesellschaft", hielt die Ministerin fest. Die Gesundheitsbranche sei mit 300 000 Erwerbstätigen eine "in der Gesamtwirtschaft tragende Säule", fast jeder zehnte Euro werde inzwischen in diesem Zweig erwirtschaftet. Das BFW als "Wegbereiter für gelebte Integration in den Arbeitsmarkt" bieten. Bätzing betonte auch die gesellschaftliche Bedeutung des inklusiven Modells: Die BFWs müssen gemeinsam mit Politik und Arbeitsagenturen dafür werben, dass die Unternehmen sich angesichts des Fachkräftemangels noch stärker für Menschen mit Behinderungen öffnen. Insofern sei das "moderne Dienstleistungszentrum" auf dem Lerchenberg auch ein "Qualifizierungspartner für die Wirtschaft".

Unter dem Dach des BFW werden auch eine physiotherapeutische und eine podologische Praxis betrieben. 70 Mitarbeiter zählt die Einrichtung, in den Worten des Referatsleiters im Bundes-Außenministeriums, Matthias Nagel, ein unverzichtbarer Partner im Bereich der beruflichen Integration". Oberbürgermeister Michael Ebling unterstrich die Bedeutung der Einrichtung für "eine Gesellschaft, in der sich jeder im Rahmen seiner individuellen Fähigkeiten einbringen kann". Unabdingbar dafür seien Selbstwertgefühl und Eigenständigkeit, zentral dafür wiederum die berufliche Ausbildung. "Das haben die Gründer des BFW schon vor 50 Jahren erkannt", so Ebling, "das müssen damals Pioniere gewesen sein."

Artikel erschienen in der Mainzer Allgemeinen Zeitung am 04.11.2016
verfasst von Torben Schröder